Wie Übersetzer*innen durch die Welt gehen

Wie Übersetzer*innen durch die Welt gehen

Wenn man etwas jeden Tag macht, geht das nicht spurlos an einem vorbei. Das heißt: Wir werden alle durch unsere Berufe verändert. Unsere Arbeit beeinflusst die Art und Weise, wie wir mit der Welt interagieren. Lesen Sie weiter, um herauszufinden, wie Übersetzer*innen aufgrund ihrer Arbeit durchs Leben gehen.

 

(Schlechte) Übersetzungen fallen auf

Wer tagtäglich selbst Texte in andere Sprachen übersetzt, sieht auch alle anderen Texte durch diese Linse. Beim Aufschlagen jeder Gebrauchsanweisung fallen einem Probleme auf, zumindest Dinge, die man anders gemacht hätte. Generell ist man dazu in der Lage, Übersetzungen als solche zu erkennen, auch ohne den dazugehörigen Ausgangstext je zu Gesicht bekommen zu haben.

Möglicherweise findet eine „normale“ Person eine Formulierung wie „Vermeide arm ventilierte Plätze“ einfach komisch und nicht richtig. Doch wenn man hauptberuflich übersetzt, erkennt man hier eine wortwörtliche Übersetzung der englischen Formulierung „Avoid poorly ventilated places“.

 

Redewendungen kommen unter die Lupe

Nicht alle Redewendungen sind gleich gut. Die besten Redewendungen – zumindest aus Sicht einer Übersetzerin – sind diejenigen, die sich problemlos oder mit nur minimalen Änderungen in andere Sprachen übersetzen lassen. Eine sportliche Person ist bekanntlich „fit wie ein Turnschuh“. Um einer englischsprachigen Zielleserschaft angepasst zu werden, muss der Turnschuh lediglich durch ein Musikinstrument ersetzt werden. Schon ist der beschriebene Hobbyathlet „fit as a fiddle“.

Doch nicht immer laufen die Dinge so glatt. Manchmal sucht man eine zielsprachliche Redewendung, die der Bedeutung des Ausgangstextes entspricht. In anderen Situationen lässt man den ursprünglichen Ausdruck stehen – mit mehr oder weniger Erläuterung. Eine dritte Möglichkeit besteht darin, die idiomatische Formulierung durch sachliche Sprache zu ersetzen. Welche Lösung am geeignetsten ist, hängt wie immer vom Kontext ab. In manchen Fällen ist es auch eine Frage des Geschmacks. Schließlich liegt Schönheit im Auge des Betrachters.

 

Faszination Zeichensetzung

Es ist kein Geheimnis, dass die Zeichensetzung je nach Sprache variiert. Doch die tägliche Beschäftigung damit verleitet gerne mal zu Überlegungen darüber, weshalb im Französischen bei der Zeichensetzung vor einem Absatzende ein Leerzeichen gesetzt wird. Weitere Lieblinge: (Oxford)-Kommata sowie Binde-, Geviert- und Halbgeviertstriche.

Ich rede gerne über meine Großeltern, Serienmörder und Hobbyornithologen.“ Was wissen wir über diese Großeltern? Tatsächlich könnten sie unschuldig und an Vogeltypologien desinteressiert oder aber blutrünstige Vogelfanatiker sein. Übersetzer*innen wissen, dass diese Doppeldeutigkeit in einer englischen Übersetzung durch Verwendung des Oxford-Kommas zum Teil aufgehoben werden könnte: „I like talking about my grandparents, serial killers, and amateur ornithologists“. So könnte man die Großeltern höchstens noch für Schwerverbrecher halten.

 

Bedeutung folgt Übersetzung

Zum engsten Freundeskreis einer Übersetzerin gehört zweifelsohne das zweisprachige Wörterbuch (Übersetzen ist bekanntlich ein eher einsamer Beruf). Dies kann zur Folge haben, dass man zunächst die fremdsprachliche Entsprechung eines Wortes kennt, bevor man die Bedeutung vollständig verinnerlicht hat.

Als technischer Übersetzer weiß man möglicherweise sofort, dass der englische Begriff „flange“ mit „Flansch“ übersetzt werden soll. Eventuell müsste dieser Übersetzer jedoch ein paar Sekunden überlegen, bevor er erklären könnte, dass ein Flansch ein scheiben- oder plattenförmiges Verbindungselement meint, das meist im Maschinenbau Verwendung findet.

 

Kommata, Fachbegriffe und kluge Sprüche: Die tagtägliche Arbeit einer Übersetzerin lässt sie auch nach Feierabend nicht los.

 

(O.M., 2021)

 

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