Wenn Übersetzer*innen Texte nicht mögen

Wenn Übersetzer*innen Texte nicht mögen

Es kommt mal vor, dass Übersetzer*innen Texte nicht mögen. Woran kann das liegen? Welche Möglichkeiten haben die Übersetzer*innen? Wirkt sich das dann auf die Qualität der Übersetzung aus? Lesen Sie weiter, um das alles herauszufinden!

 

„Ich mag diesen Text nicht, denn er ist…“

 

voller Fehler.

Wer Übersetzer*innen auf die Palme bringen will, sollte ihnen Texte geben, die voller Unstimmigkeiten und grammatisch mangelhaft sind. Das kann daran liegen, dass die Verfasserin des Textes nicht aufmerksam gearbeitet hat. Manchmal stammen auch sprachlich fragwürdige Texte von Autor*innen, die nicht in ihrer Muttersprache arbeiten.

 

total langweilig.

Langatmige Texte über uninteressante Themen – wer kennt es nicht? Was jedem von uns passiert ist auch für Übersetzer*innen ein kein so seltenes Phänomen. Manchmal sind es ganze Textarten oder Themenbereiche, die einem missfallen. Es kommt aber auch vor, dass die Autorin des Ausgangstextes ein Thema, für das man sich sonst interessiert, einfach nicht prägnant herüberbringt. Letztendlich ist es eine Geschmacksfrage: Wie in fast allen Bereichen des Lebens interessieren sich verschiedene Menschen für verschiedene Dinge.

 

echt schwierig.

Es gibt verschiedene Typen von schwierigen Texten. Zum einen gibt es Texte, die sprachlich komplex sind, d.h. viele Schachtelsätze und ungewöhnliches Vokabular beinhalten. Zum anderen gibt es Texte, die aufgrund ihrer Thematik kompliziert oder ungewöhnlich sind. Oft handelt es sich dabei um ganz obskure Teilgebiete von Forschungs- oder Wissensbereichen.

 

inhaltlich fragwürdig.

Ein Text kann sprachlich korrekt, leicht verständlich und thematisch vertraut sein und trotzdem einer Übersetzerin Bauchschmerzen bereiten. In diesem Fall liegt das daran, dass die Aussagen in dem Text oder die Thematik desselben nicht mit den Ansichten oder Anschauungen der Übersetzerin übereinstimmen.

 

Ja, und jetzt?

 

Fehler berichtigen oder anmerken

Sofern die Fehler im Ausgangstext nicht so extrem sind, dass die Bedeutung nicht mehr herauszulesen ist, stellt das alles für eine gute Übersetzerin kein richtiges Problem dar. Trotzdem muss sie in jedem Fall unterscheiden, wie sie damit umgeht.

Je nach Textart und Kunde ist es sinnvoll, die Fehler anzumerken und aber entsprechend in die Übersetzung einzubauen (beispielsweise bei fehlenden Bezugszeichen oder Inkonsistenzen bei Patenten). Andernfalls, wie bei Grammatikfehlern, berichtigt die Übersetzerin den Fehler, bzw. schreibt einfach einen korrekten Satz.

 

Sich am Riemen reißen

Langweilige Texte sind etwas, womit man leben muss. Man hat leider kein Recht auf interessante Texte, sodass man hier einfach die Zähne zusammenbeißen und den Ausgangstext möglichst genau in die Zielsprache übertragen muss.

 

Komplexität übernehmen oder an Zielleserschaft anpassen

Komplexe Themen führen meist zu komplexen Texten; damit muss eine Übersetzerin umgehen können. Deshalb sind auch sehr viele Übersetzer*innen auf gewisse Themenbereiche spezialisiert. Dadurch können sie sich sicher sein, dass sie keine Probleme haben, auch die schwierigsten Texte zu verstehen. Trotzdem ist es nicht immer einfach, mit solchen Texten zu arbeiten. In diesen Fällen bedarf es Feingefühl und eines konzentrierten Arbeitens, um einen genauen Zieltext entstehen zu lassen.

In manchen Situationen ist es aber so, dass die sprachliche Komplexität der Ausgangssprache in der Zielsprache gar nicht angemessen wäre. Während beispielsweise für eine deutsche Leserschaft lange, verschachtelte Sätze kein großes Problem sind, sind solche Konstruktionen im englischsprachigen Raum eher unüblich. Hier muss die Übersetzerin dann zusehen, dass sie den Satzbau ändert und aufbricht, ohne dabei den Inhalt zu verändern.

 

Damit leben…bis zum gewissen Punkt

Wenn ein Text aufgrund der darin vertretenen Ansichten oder der allgemeinen Thematik einer Übersetzerin die Laune verdirbt, hat sie mehrere Möglichkeiten. In gefühlt harmlosen Fällen kann sie so verfahren wie bei den langweiligen Texten: einfach Übersetzen und sich damit abfinden.

Doch das gilt nur bis zum gewissen Punkt. Hat eine Übersetzerin ernsthafte moralische Bedenken bei einem Text, ist es ihr gutes Recht, ihn nicht zu übersetzen. Das gilt beispielsweise für Texte, in denen Fehlinformationen verbreitet werden. Andererseits behandeln manche Übersetzer*innen ganze Themengebiete wie Waffentechnik aus Prinzip nicht. Schließlich sind Übersetzer*innen ein wichtiges Glied in der globalen Informationskette, sodass es ihnen zusteht, in dieser Rolle ihrem Gewissen zu folgen. Gemäß der Berufs- und Ehrenordnung des Bundes Deutscher Übersetzer sind Übersetzer*innen nicht dazu verpflichtet, alle Aufträge anzunehmen, sehr wohl aber, angenommene Aufträge nach bestem Wissen und Gewissen wahrheitsgetreu zu übersetzen.

 

Unterm Strich

Eine gute Übersetzerin lässt sich grundsätzlich nicht von einem suboptimalen Text aus der Ruhe bringen. Wie in anderen Berufen auch gibt es immer wieder Arbeitsmaterial, das Übersetzer*innen nicht besonders reizvoll finden. Grundsätzlich soll die persönliche Haltung einzelner Übersetzer*innen einer guten Übersetzung nicht im Wege stehen. Da Übersetzungen dem übergeordneten Ziel der Informationsverbreitung dienen, hat es jeder Text verdient, übersetzt zu werden. Bei GlobalSprachTeam sind wir durch unser großes Netzwerk von Übersetzer*innen in der Lage, immer die passende Übersetzerin für jeden Auftrag zu finden.

 

(O.M., 2021)

 

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